5.IV-Revision

Reaktionen auf die Abstimmung

Das Behindertenforum Zentralschweiz hat sich zusammen mit Verbündeten vehement gegen die 5.IV-Revision gewehrt. Trotz Niederlage ist es ein Achtungserfolg und die Strapazen haben sich auf jeden Fall gelohnt. Ohne unseren Kampf, hätte das Schweizer Stimmvolk gar nicht mitbekommen, welch einseitige Revision in Bundesbern ausgeheckt wurde. Es ist nun allen verantwortungsbewusst Denkenden klar, dass eine Zusatzfinanzierung notwendig ist.
Und zu guter letzt konnten wir den Unternehmern in unserem Land Versprechen und Zugeständnisse abringen, dass "Arbeit vor Rente" nur umgesetzt werden kann, wenn auch sie sich dafür im Berufsleben engagieren.

An dieser Stelle danken wir allen, die diesen Achtungserfolg möglich gemacht haben.
Thomas Z"Rotz, Teamleiter BfZs.ch

Lesen Sie dazu die Medienmitteilungen vom Zentralschweizer Abstimmungskommitee und vom ZSL.

Brief von Dr. med. Markus Stöckli Stans/Luzern

Liebe Stimmbürgerinnen und Stimmbürger

Als Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie wende ich mich gemeinsam mit dem Behindertenforum Zentralschweiz BfZs.ch in dieser ungewohnten Form an Sie:

Die 5. IVG-Revision, über die Sie am 17. Juni abstimmen, enthält problematische Bestimmungen, die zur Folge haben,

dass der Wille der Betroffenen übergangen wird,
indem Arbeitgeber verschiedene Versicherungen, Sozialbehörden oder Angehörige jemanden gegen den Willen des Betroffenen bei der Invaliden-versicherung anmelden können, wenn Sie befürchten, er könnte invalid werden

dass anschliessend unter anderem alle den Patienten behandelnden Ärzte auch
gegen den Willen des Betroffenen Arztberichte an die IV abliefern müssen und damit das Arztgeheimnis gebrochen wird und so auch das für jede ärztliche Behandlung zentrale Vertrauensverhältnis zum Arzt wesentlich gestört wird

dass schliesslich der Patient in jeder Hinsicht mit der IV kooperieren muss. D.h., dass er sich nun unverzüglich selber bei der IV anmelden muss und sich unter Androhung von Leistungskürzungen oder Leistungsverweigerung schlimmstenfalls auch medizinischen Behandlungen unterziehen müsste. Darunter fallen alle von der obligatorischen Krankenversicherung bezahlten Behandlungen, z.B. die Einnahme von Psychopharmaka oder Rückenoperationen,
um nur zwei Beispiele zu nennen (KVG Art. 25).

Dies alles können Sie im Abstimmungsbüchlein Seite 16 19 nachlesen.

Handeln Sie nach dem Grundsatz:

Was du nicht willst dass man dir tu
Das füg auch keinem andern zu.

Diese Bestimmungen im Gesetzestext sind so schwerwiegend, dass die Revision des Invalidenversicherungsgesetzes in jedem Fall zur Korrektur ans Parlament zurückgewiesen werden muss.

Stimmen Sie deshalb Nein zur 5.IVG-Revision.

Vielleicht haben Sie Bedenken Nein zu stimmen weil Sie die hochverschuldete IV retten und die AHV sichern wollen.

Beides wollen wohl alle. Aber darum geht es bei dieser Abstimmung gar nicht. Wenn Sie nur schon das Abstimmungsbüchlein genau lesen werden Sie bemerken, dass diese Gesetzesänderung pro Jahr 300 Mio. Fr. sparen will, nämlich ungefähr die eine Hälfte durch Leistungskürzungen und die andere Hälfte durch verbesserte Früherfassung und Wiedereingliederung Behinderter.
Das einzige was daran sicher ist, sind die Kürzungen, das andere ist Wunschvorstellung.

Stimmen Sie also ruhig Nein - Sie gefährden mit Ihrem Nein weder die IV noch die AHV.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Juni 2007 Dr. med. Markus Stöckli Stans/Luzern

P.S. Lesen Sie auch die kritische Stellungnahme der Schweizerischen Gesellschaft der Aerzte für Psychiatrie und Psychotherapie und der Vereinigung der Chefärzte der Psychiatrischen Kliniken der Schweiz, welche auf www.psychiatrie.ch publliziert wurde.

5. IV Revision ist der falsche Weg

Die IV meldet für das Jahr 2006 ein Rückgang der neuen Renten um 16 Prozent, gegenüber dem Rekordjahr 2003 sogar um 30 Prozent. Grund für diesen Rückgang soll die strengere Praxis der IV sein. Ein weiterer Abbau der Neurenten und Verhinderung weiterer Defizite seien nur mit Annahme der 5. IV Revision am 17. Juni möglich.

Diese Revision ist aufgrund der vorliegenden Zahlen aus verschiedenen Gründen abzulehnen. Gemäss Berechnungen des BSV würden ohne die 5. IV Revision erst in 17 Jahren mehr Abgänge als Zugänge erreicht, mit der Revision erst in 10 Jahren (s. Botschaft des Bundesrates zur 5. IV Revision). Gemäss den aktuell publizierten Zahlen ist das Ziel bereits jetzt erreicht noch vor In-Krafttreten der Revision. Weshalb braucht es diese denn überhaupt noch, wenn bereits die 4. IVG Revision greift? Welchen Stellenwert haben all die Zahlen? Hat die IV, welche schon immer den Auftrag Eingliederung vor Rente hatte, früher ihre Hausaufgaben nicht gemacht und müsste deshalb nicht der Bund die aufgelaufenen Schulden übernehmen anstatt die Finanzierung von der Annahme der 5. IV Revision abhängig zu machen, was einer Erpressung gleichkommt?.

Wie sieht das ganze von seiten der Betroffenen aus?
Die enorme Verschärfung der Rentenpraxis erfolgte ohne Ausbau von Integrationsmassnahmen in den Arbeitsmarkt. Die Arbeitgeber werden in der geplanten Revision weder in Pflicht genommen noch werden ihnen gesetzliche Anreize zur Beschäftigung von Menschen mit Leistungsschwäche verschafft. Weniger Renten heisst noch lange nicht, dass die Probleme aus der Welt geschafft sind, oder haben alle Abgewiesenen inzwischen einen Platz in der Arbeitswelt gefunden? .Der Rückgang der Neurenten ist nicht die Folge einer erfolgreichen Integrationspolitik, sondern einer massiv verschärften Rentenpraxis, daran wird auch die 5. IV Revision nichts ändern. Die Massnahmen geschehen einseitig auf dem Buckel der Betroffenen und dürften u.a. auch auf eine systematische Auswahl von Gutachtern zurückzuführen sein, welche den Verweigerungskurs mittragen. Diesbezügliche Meldungen in den Medien sind bekannt.
Die Zahlen der Sozialhilfe in nächster Zeit werden es bestätigen, dass irgend jemand, nicht zuletzt der Steuerzahler, zur Kasse gebeten wird, wenn nicht andere Wege zu einer umfassenden und menschenwürdigen Integration beschritten werden. Ablehnung von Gesuchen ohne Wissen, ob die Betroffenen bei der Fürsorge oder im Elend landen kann kein guter Weg sein. Gleichzeitig muss auch die Finanzierung angegangen werden. Seit Jahren wurden die Lohnprozente für die IV nicht mehr angehoben, obwohl dies bei der Arbeitslosenversicherung durchaus in schlechten Zeiten bis sich die Situation stabilisierte möglich war.

Für das Behindertenforum Zentralschweiz BfZs.ch
Mitglied des regionalen Unterstützungskomitees
NEIN zur 5. IV-Revision

Thomas Z"Rotz, Stans Hanne Müller, Horw

NEIN Zu Scheinlösungen

Nein zu Scheinlösungen, Nein zur 5.IVG-Revision

Aktionstag 12. Mai „Nein zur 5. IV-Revision“

Seit 1960 hat die Invalidenversicherung die Aufgabe, Behinderte in den Arbeitsmarkt zu (re)integieren statt einfach nur eine Rente auszuzahlen. Wir fragen uns, warum die IV bisher dieses Mandat nicht erfolgreich umsetzen konnte und die Revision nochmals eine halbe Milliarde für dieses Ziel ausgeben will?
Behinderte suchen Erwerbsarbeit und versuchen täglich vieles, um selbstbestimmt leben zu können. Aber auch staatliche Stellen beschäftigen nur ausnahmsweise Behinderte:

Auf 45 000 Angestellte der Kantone und Gemeinden kommen 215 behinderte Personen

Prozentsatz von Behinderten in einigen Deutschschweizer Kantonen/Gemeinden: Uri auf 577 Beschäftigte 0.2%, Bern auf 35"000 0.3%, Appenzell AR auf 750 0.9%, Zürich auf 38"000 1.2%, St. Gallen auf 8"000 1.2% und Basel-Land auf 8"854 2.4%
Die 5. IV-Revision keinerlei Verpflichtungen für Arbeitsgeber vor. Betroffene deshalb empfinden deshalb die Revision als Alibiübung, die am Schluss weder Arbeit noch Rente bringt.

Behinderte nicht behindern

Die Sparziele der 5. IV-Revision treffen die Behinderten und ihre Familien. Gleichzeitig werden Kosten von der Versicherung in die Kantone und Gemeinden verschoben. Wer Eingliederung vor Rente will, muss Arbeitsplätze garantieren.

Die 5. IV-Revision bürdet alle Lasten den Versicherten auf. So würden die laufenden Zusatzrenten für die Ehegatten behinderter Menschen gestrichen. Das bedeutet für 80'000 Behinderte und ihre Familien eine Reduktion des Renteneinkommens von 30 Prozent. Heute können viele Schwerbehinderte dank ihren pflegenden Angehörigen selbstbestimmt zu Hause leben. Wird die Zusatzrente gestrichen, müssten viele von ihnen in ein Pflegeheim. Das ist falsch.
Massiver Sozialabbau
Ebenfalls gestrichen würde der Rentenzuschlag für junge (vor dem 45. Altersjahr), lebenslang Behinderte. Dieser sogenannte "Karrierezuschlag" sichert, dass lebenslang behinderte Menschen nicht ein Leben lang auf der Minimalrente sitzen bleiben.
Weiter würde der Kinderzuschlag auf Taggeldern um zwei Drittel gekürzt und die medizinischen Massnahmen für Personen ab dem 20. Altersjahr nicht mehr durch die IV übernommen. Insgesamt fände ein Sozialabbau von 300 Mio. Franken statt. Das ist ungerecht.
Worte statt Taten
Der Grundsatz "Eingliederung vor Rente" gilt seit der Einführung der IV. Bis auf den Tag wurde er nicht umgesetzt, auch die 5. IV-Revision bringt dies nicht. Die Integration von Behinderten kann nur gelingen, wenn die Betriebe entsprechende Arbeitsplätze schaffen. Das haben sie bislang via Freiwilligkeit nicht getan und auch das neue Gesetz verschont sie vor einer Verpflichtung. So bleibt die Integration ein frommer Wunsch und ein leeres Versprechen.

Scheineinsparungen
Ohne Integration in die Arbeitswelt werden die Kosten von der IV zur wirtschaftlichen Sozialhilfe in den Kantoen und Gemeinden verschoben. BSV-Direktor Yves Rossier hat zwar behauptet, das sei nicht so. Er kann sich aber auf keine Studie stützen. "Die Erfahrungen", sagt unser Luzerner Stadtrat Ruedi Meier, "zeigen, dass massive Verschiebungen stattfinden." Dasselbe sagen die Sozialdirektoren und vorsteher anderer Gemeinden.
Die politischen Parteien, die Arbeitgeber, die Gewerkschaften und die Sozialversicherung müssen in Zusammenarbeit mit den Behindertenorganisationen Rahmenbedingungen schaffen, die sicherstellen, dass behinderte Menschen am gesellschaftlichen Leben teilnehmen, den Alltag selbständig gestalten, soziale Kontakte pflegen, sich aus- und fortbilden und eine Erwerbstätigkeit ausüben können.
Ungesicherte Finanzierung
Die IV muss saniert werden. Doch obwohl klar ist, dass die aufgelaufenen Schulden von rund 9 Mrd. Franken dringend getilgt werden müssten und die jährlichen Defizite strukturell bedingt sind, wird die Lösung der Finanzprobleme auf die lange Bank geschoben. So geht es nicht, ja die 5. IV-Revision muss als Angriff auf die IV überhaupt verstanden werden.
Aushöhlung des Datenschutzes
Problematisch ist weiter das sogeannten Frühwarnsystem. Wer "früherkannt" wird und in die der IV vorgelagerte Mühle kommt, dessen Anstellung ist ohne flankierenden Schutz gefährdet. Denn die Betroffenen geniessen keinen Kündigungsschutz. Der "Markt" kennt kein Pardon, spätestens in der nächsten wirtschaftlichen Krise.
Alle Selbsthilfeorganiationen dagegen
Befürworter sagen, die 5. IV-Revision liege im Interesse der Behinderten. Doch die Betroffenen sind dagegen, alle Selbsthilfeorganisationen der Menschen mit Behinderung sagen: NEIN! Schweizweit treten über 60 Verbände und Organisationen gegen die Verschlechterungen des IV-Gesetzes an.
Louis Schelbert, NR Grüne Luzern

NEIN zur 5.IV-Revision

ja zur Integration der Menschen mit Behinderung
Das "Luzerner Referendumskomitee "Nein zur 5. IV-Revision"" freut sich über den Etappenerfolg, der mit dem Zustandekommen der erforderlichen Unterschriftenzahl gegen die 5. IV-Revision erreicht wurde. Die Schweizer Bevölkerung wird am 17. Juni über diese Abbauvorlage abstimmen können.

Die Reduktion der Renteneinkommen und die Erschwerung des Rentenzugangs vor allem für psychisch Kranke und Schmerzpatienten würden zu einem vermehrten Anspruch auf Ergänzungsleistungen und zu einer Verlagerung von Kosten zur Sozialhilfe führen. Die Sparmassnahmen bei der IV würden zu Lasten der Kantone und der Gemeinden durchgeführt. Die 5. IV-Revision baut einseitig und zu Lasten der Menschen mit einer Behinderung Versicherungsleistungen ab. Eine Revision, die einseitig alle Opfer von den Betroffenen abverlangt, ohne gleichzeitig die finanzielle Zukunft der IV zu sichern, kann nicht akzeptiert werden.
Der Sammlungserfolg ist ein Erfolg für die Menschen mit Behinderung. Es ist ein Aufruf gegen die gegenwärtigen politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die Behinderten die Lebensmöglichkeiten beschränken und erschweren. Nur eine umfassende, weitsichtige und vernetzte Sozialpolitik, die weit über den Wirkungsbereich der Invalidenversicherung hinausgeht, verhindert deren Diskriminierung und ermöglicht ihre Integration. Das ist in der 5. IV-Revision nicht einmal angedacht, die geforderte Integration würde zur Farce.
Die politischen Parteien, die Arbeitgeber, die Gewerkschaften und die Sozialversicherung müssen in Zusammenarbeit mit den Behindertenorganisationen Rahmenbedingungen schaffen, die sicherstellen, dass behinderte Menschen am gesellschaftlichen Leben teilnehmen, den Alltag selbständig gestalten, soziale Kontakte pflegen, sich aus- und fortbilden und eine Erwerbstätigkeit ausüben können.

Zentralschweizer Abstimmungskomitee

Im Abstimmungskomitee der Behinderten gegen die Scheinlösung der 5. IVG-Revision sind nun folgende Behindertenorganisationen, Parteien und Verbände dabei:
- Grüne Kanton Luzern
- Behindertenforum Zentralschweiz
- Unia-Zentralschweiz
- Juso Amt Willisau, Kanton Luzern
- CSP Kanton Luzern
- comedia Zentralschweiz
- ASPr Vereinigung der Gelähmten
- Beratungsstelle für Hör- und Sprachbehinderte Luzern
- Vereinigung Cerebral Zentralschweiz
- SP Kanton Luzern
- Schw. Blinden- und Sehbehindertenverband Sektion Zentralschweiz
- Demokratische JuristInnen Luzern (DJL)
- insieme Nidwalden
- Gewerkschaft Kommunikation
- Junge Grüne Kanton Luzern
- Luzerner Gewerkschaftsbund (LGB)
- Syna
- transfair
- vpod
- Heimleiterkonferenz des Kantons Luzern
- Stiftung Rodtegg für Körperbehinderte

Gerne begrüssen wir weitere Mitglieder, die Sondierungen werden fortgesetzt!

v.l.n.r: Thomas, Michael und Louis

v.l.n.r: Thomas, Michael und Louis

Neben persönlichen Anstrengungen - jeder in seinem Bekanntenkreis - sammelten wir an drei Samstagen in Dezember über 500 Unterschriften. Medienmitteilung

Ein grosses Dankeschön an jeden für seinen Einsatz.

Jetzt erst wird aber die grosse Arbeit beginnen!

Das Schweizer Stimmvolk muss davon überzeugt werden, dass nur eine echte Integration, die weit über den Wirkungsbereich der Invalidenversicherung hinausgeht, auch Menschen mit Beeinträchtigungen ermöglicht, ihren Beitrag zu unserer Gesellschaft zu leisten. Mit der 5. IV-Revision verkommt die geforderte Integration zur Farce.

Wir sind froh um jede und jeden, bitte helft mit! Danke im voraus.