Raubzug auf die Hilflosenentschädigung

Von H.R. Isler, Zentralsekretär ASPr

Im Rahmen der 4. IVG-Revison hat das Parlament im Herbst 2002 beschlossen, anstelle einer bedarfsabhängigen Assistenzentschädigung die bestehende Hilflosenentschädigung (HE) für Nicht-HeimbewohnerInnen zu verdoppeln. Dies mit dem Ziel, dass behinderte Menschen ein möglichst selbstbestimmtes Leben führen können. Nicht zuletzt auch mit dem Ziel, dass Menschen mit einer Behinderung - vor allem allein Stehende - nicht mehr gezwungen sind, sich aus sozialen oder wirtschaftlichen Gründen in einem Heim versorgen zu lassen.

Mit dem Inkrafttreten der 4. IVG-Revision per 01.01.2004 hätte die Invalidenversicherung (IV) die HE für Nicht-Heimbewohner und -bewohnerinnen entsprechend anpassen müssen. Aus Kapazitätsgründen wurde dieser klare Auftrag jedoch bisher nur teilweise umgesetzt. Viele Bezügerinnen und Bezüger warten noch immer auf einen Entscheid. Trotzdem greifen immer mehr Dienstleister im Behindertenbereich in die Tasche der HE-BezügerInnen, mit dem Argument, dass ihre Leistungen nun mit der erhöhten HE direkt zu entgelten wären. Das bekannteste Beispiel dafür sind sicher die, als Folge der Streichung der BSV- und Kantonsbeiträge an Behindertenfahrdienste, massiv erhöhten Fahrkosten. Ein anderes Beispiel sind aber auch die Begleitdienste, die nun mit den erhöhten HE-Beiträgen finanziert werden müssen.

In vielen Werkstätten für Behinderte wurden die Reglemente per 01.01.2005 angepasst, womit sie nun für "zusätzlich erbrachte Betreuungsdienstleistungen" Rechnung stellen dürfen. Dabei gehen sie von einer anteilmässigen Verrechnung der HE aus. Dies bedeutet, dass die Betriebe nun grundsätzlich berechtigt sind bei einem 8-Stunden-Arbeitstag, bis zu 1/3 der HE in Rechnung zu stellen.

Nicht statthaft, ist jedoch, diese Änderung mit einer Einseitigen Anpassung der Anstellungsbedingungen vorzunehmen. Anstellungsbedingungen unterliegen grundsätzlich dem Obligationenrecht und dieses sieht Kündigungsfristen vor. Wobei der Kündigung ein neuer Vertrag mitgegeben werden kann, der gegenseitig unterzeichnet werden muss und in der Folge nach Ablauf der Kündigungsfrist des alten Vertrages in Kraft tritt. Es sei den, er werde rückwirkend - aber mit Zustimmung des Arbeitnehmers - in Kraft gesetzt.

Für uns stellt sich die Frage, wie schwer behinderte Menschen, die dringend benötigten Assistenzleistungen finanzieren sollen, nachdem alle Sozialeinrichtungen (Arbeitsstätten, die Fahrdienste und weitere Leistungsanbieter) - die alle nur das Beste für die Behinderten wollen - ihren Hunger gestillt haben.

Es darf nicht sein, dass Personen die zu Hause leben für ein und dieselbe Leistung mehr bezahlen müssen als Heimbewohner. Das ist schlicht Willkür. Es darf aber auch nicht sein, dass es sich für die Betroffenen nicht mehr lohnt einer Arbeit nachzugehen. Wir möchten Beispiele sammeln um aufzuzeigen, dass mit der eingeleiteten indirekten Subjektfinanzierung der Einrichtungen für behinderte Menschen, den Betroffenen letztlich weniger bleibt als ihnen bis anhin zur Verfügung stand. Damit würde auch das Ziel des Parlamentes untergraben, dass behinderte Menschen eine Alternative zur weit teureren Lösung eines Heimeintrittes haben. Mit den gesammelten Fakten wollen wir die Möglichkeit eines politischen Vorstosses prüfen.