Behindertenfahrdienste sind ein Teil des ÖV
Unser Jahresthema ist «Mobilität». Im Info 2019-1 wiesen wir auf die Bedeutung für die Inklusion hin und auf die nötigen Massnahmen im öffentlichen Verkehr.
Wer jedoch aufgrund einer Gehbehinderung die Haltestellen nicht erreichen kann, in überfüllten Bussen als Rollstuhlfahrende keinen sicheren Platz hat, benötigt einen Tür zu Tür Dienst. Dies gilt auch teilweise für Sehbehinderte, wer an Panikattacken in Menschenmengen leidet oder andere kognitive Einschränkungen hat.
Trotz angestrebtem hindernisfreien ÖV wird es immer einen Tür zu Tür Dienst brauchen und dieser muss Teil des ÖV sein.
Im Rahmen des Neuen Finanzausgleichs (NFA) überliess die Invalidenversicherung (IV) 2008 die Beiträge an die Behindertenfahrdienste den Kantonen. Während die meisten grösseren Städte und Kantone bereits vor Jahrzehnten einen funktionierenden Behindertenfahrdienst aufbauen halfen, versäumte dies der Kanton Luzern. So hätten die Fahrtaxen massiv erhöht werden müssen. Die Selbst- und Fachhilfe sowie einzelne Politiker des damaligen Grossen Rates forderten 2006 und 2011 an Kundgebungen und in den Medien ein Budget zum Aufbau eines Behindertenfahrdienstes im Kanton Luzern.
Keine Gleichstellung mit nichtbehinderten ÖV Benutzern
Seit 2012 erhalten Menschen mit Behinderungen (MmB) nach vorausgehender Abklärung durch Pro Infirmis ein Kontingent an Tixitaxibons, welches zu Fahrten mit Rollstuhl-Tixis aber auch mit kommerziellen Taxiunternehmen berechtigen.
Leider kann jedoch auch nach sieben Jahren Laufzeit nicht annähernd von einer Gleichstellung mit Nichtbehinderten ÖV- Fahrgästen die Rede sein. Das monatliche Kontingent von 150 Fr. reicht bei den normalen Taxitarifen (bei Rollstuhl-Tixis höher ) höchstens für 2 - 3 Hin- und Rückfahrten.
Nichtbehinderte können je nach Zone für ein paar hundert Franken pro Jahr so oft und so weit fahren, wie sie wollen. MmB werden an der für sie wichtigen gesellschaftlichen Teilhabe massiv gehindert und mit unverhältnismässigen Kosten belastet.
Dazu kommen organisatorische Mängel: vor allem bei den Rollstuhl-Tixis sind spontane Reservationen, z.B. einen Tag im Voraus, nur erschwert möglich.
Die Auslastung der Tixitaxibons ist wie die Statistik zeigt unterschiedlich. Die einen kommen mit dem Kontingent aus, ein Grossteil hat zu wenig. Es erhalten jedoch alle - ob auf der Landschaft wohnend und mit längeren Fahrstrecken - oder in Stadt oder Agglo - gleichviel Beiträge. Ende Jahr verfallen die10erBons und können auch nicht übertragen werden.
Zur Zeit bekommen ca.700 Luzerner*Innen solche Bons. Aus Spargründen verloren 2016/2017 ca. 260 Personen – ohne Hilflosenentschädigung – die Bezugsberechtigung, obwohl die Anspruchskriterien erfüllt waren.
Ein kleiner Fortschritt ist, dass der Kanton Luzern für das Jahr 2018 das Budget auf 700’000 Fr., für 2019 auf 800'000 Fr erhöht hat. Vorgesehen ist auch eine Schwankungsreserve.
Unsere Mobilität muss bezahlbar sein
Unsere Forderungen für einen funktionierenden und bezahlbaren Behindertenfahrdienst:
Das individuelle Budget muss für mind. 10 Hin- und Rückfahrten pro Monat ausreichen.
Fahrgäste aus der Luzerner Landschaft haben längere Fahrstrecken. Dies muss berücksichtigt werden.
Anpassung des Gesamtbudgets auch wegen zunehmender Benutzerzahlen.
Anstelle der verschickten Papierbons soll das System digitalisiert werden, wie es auch andere Kantone eingeführt haben. Bei einer künftig erhöhten oberen Kontingentgrenze, könnte so der unterschiedliche Bedarf besser gesteuert werden.
Bezugsberechtigung von Senioren auch nach dem AHV Alter, auch wenn zuvor keine Behinderung vorgelegen hat.
Bildung eines Beirates aus Betroffenen zur Überwachung und Verbesserung des Systems und der organisatorischen Mängel bei den Reservationen.
Diese Forderungen entsprechen der UN-Behindertenrechtskonvention und des Leitbildes "Leben mit Behinderungen" im Kanton Luzern.
Hanne Müller, Mitglied des bfzs.ch