Leserbrief von Victor G. Schulthess, Luzern

Das können sich wohl nur wenige Benutzer leisten

Als Leserbrief erschienen in Neuen Luzerner Zeitung vom 3. Januar 2005

Dass der Tarif für das Tixi um 240 Prozent erhöht wird oder werden
muss, nämlich die einfache Fahrt von 8 auf 19 Franken, läuft der
allseits bekundeten Integration behinderter Menschen diametral zuwider.


Will eine aufs Tixi angewiesene Person auch nur zwanzigmal im Monat für
einen Besuch bei Freunden, einen kulturellen Anlass, zum Turnen,
Einkaufen, Coiffeur usw. eine Hin- und Rückfahrt unternehmen, so
schlägt dies mit 760 Franken aufs Budget. Das können sich wohl nur
wenige Tixi-Benutzer leisten.

Freilich ermöglichen Verbesserungen beim
öffentlichen Verkehr (Niederflurbusse) vielen Rollstuhlfahrern
selbstständige Mobilität in der Stadt ausser bei Regen und Schnee und
wenn die Haltestelle nicht günstig bei Start- und Zielort liegt.
Abgesehen von misslichen Wetter-und Umgebungbedingungen verbleiben aber
zahlreiche behinderte Menschen, welche nicht über die erforderliche
Selbstständigkeit in der Mobilität verfügen. Ihnen dient das Tixi als
subsidiäres öffentliches Verkehrsmittel und als Vervollständigung des
Service public.
Man darf deshalb die Frage stellen, wieso seit Jahren die
Tixi-Genossenschaft auf Betteltour gehen muss und nicht die Stadt bzw.
die VBL mit Beiträgen der Invalidenversicherung (IV) diesen
öffentlichen Dienst anbieten. Die IV hat ihre globalen Beiträge an
Fahrdienste aber gerade aufgehoben und meint, diese durch Erhöhung der
Hilflosenentschädigung individuell abzugelten. Ein offenkundiger
Fehlschluss bei der daraus resultierenden Erhöhung der Fahrkosten um
240 Prozent! Also riskieren viele Tixi-Benutzer, kaum mehr aus der
Wohnung herauszukommen, und der Staat verabschiedet sich vom Willen zur gesellschaftlichen Integration, oder aber er kümmert sich um das
Funktionieren der Tixi-Betriebe zum Tarif des öffentlichen Verkehrs.
Victor G. Schulthess, Luzern